KONGO! Eine Postkolonie
Eine Stückentwicklung von Nina Gühlstorff, Jan-Christoph Gockel und Laurenz Leky|
Regie Nina Gühlstorff und Jan-Christoph Gockel | Ausstattung Lena Hinz | Video Florian Rzepkowski | Regieassistenz Lynn Wellens
Mit Laurenz Leky | Premiere 10.11.2018 | Dauer ca. 140 Min. mit Pause
Eine Koproduktion von Theater im Bauturm, Theater Rampe Stuttgart und Nyx e.V.
"Mein Geschlecht: Sexismus. Meine Nationalität: Schuld. Meine Rasse: Kolonialismus."
Die Demokratische Republik Kongo ist Schauplatz entsetzlicher Kolonialverbrechen und bis zum heutigen Tag dauernder Ausbeutung im Zeichen des weltweiten Ressourcenhandels. Doch damit nicht genug: Darüber hinaus muss sie auch noch immer wieder als Projektionsfläche für die Befindlichkeiten Europas herhalten. Über die Rolle der traditionellen Kolonialmächte ist man durch Joseph Conrads Herz der Finsternis oder David van Reybroucks Bestseller Kongo. Eine Geschichte hinlänglich informiert, doch das Verhältnis Deutschlands zum zentralafrikanischen Staat ist bisher weitgehend nebulös geblieben. Theaterleiter Laurenz Leky untersucht die deutsch-kongolesischen Verbindungslinien in zwei Solo-Performances, die ursprünglich für das Theater Rampe in Stuttgart konzipiert wurden. Im Zentrum von Kongo Müller steht der ehemalige Wehrmachtssoldat Siegfried Müller, der in den 1960er Jahren als Söldner im Kongo tätig ist und von dort aus für seine Brutalität zweifelhafte Berühmtheit erlangt. In einem Interview, das die DEFA unter dem Titel Der lachende Mann. Bekenntnisse eines Mörders als Enthüllungsfilm über den westdeutschen Kolonialismus ins DDR-Fernsehen zeigt, berichtet Müller unter Alkoholeinfluss und ohne mit der Wimper zu zucken von seinem tödlichen Alltag als Warlord. KoNGOland hingegen stellt unser aktuelles Bemühen um die Herstellung von Ordnung in Afrika in ein kritisches Licht: Braucht der Kongo wirklich die Hilfe von NGO-Mitarbeitern, Entwicklungshelfern und europäischen Idealisten oder verwenden wir ihn nur als Sehnsuchtsort für unsere hierzulande nicht mehr wirksamen Aufklärungsphantasien? Beide Abende bleiben jedoch nicht in der theoretischen Erörterung stecken, sondern binden auch Lekys eigenes Scheitern als Konflikthelfer angesichts der komplexen Lage vor Ort mit ein, indem sie seine zwiespältigen Erfahrungen als Mitarbeiter deutscher NGOs im Krisengebiet Ostkongo zum Thema machen. Für die Wiederaufnahme am Bauturm werden die beiden Inszenierungen zwischen europäischem Egotrip und aufklärerischer Mission um ein drittes Projekt ergänzt, das den umfassenden deutschen Blick auf den Kongo um sein notwendiges Komplementärstück erweitert: die kongolesische Perspektive.
Jan-Christoph Gockel ist Hausregisseur am Staatstheater Mainz und arbeitet an etlichen großen Bühnen im deutschsprachigen Raum (Staatstheater Stuttgart, Staatsschauspiel Dresden Schauspielhaus Graz) und im Ausland (Théâtre National Brüssel). Am Bauturm war bis 2019 auch seine Inszenierung Der siebte Kontinent. Reise zur größten Mülldeponie der Erde zu sehen.
Nina Gühlstorff ist als Regisseurin spezialisiert auf Rechercheprojekte, dokumentarisches Theater und Opernregie. Ihre Arbeiten sind u.a. am Nationaltheater Weimar und am Schauspielhaus Graz zu sehen. Am Bauturm realisierte sie gemeinsam mit Laurenz Leky und René Michaelsen die Kölner Mythos-Analyse Petermann! Eine kölsche Paranoia, die sich seit März 2017 im Spielplan befindet.
Presseecho
Mit Brunnenpumpe, Kleiderballen, Mosquitonetz, Hilfsgüterkartons und einem kurzem Einspieler von "Band Aid" mit Bono von U2, schlüpft Leky in Menschen, die in Afrika waren und dort gearbeitet haben. (Kölnische Rundschau)
Während der Performance auf der Bühne als begnadeter Selbstdarsteller und charmante Rampensau [switcht] Leky zwischen verschiedenen Rollen und autobiographischen Reflexionen und [animiert] dabei immer wieder das Publikum. Im dynamischen Dreiklang von Dilemma, Diskurs und Dekonstruktion entwickelt sich ein Malstrom, der an diesem Abend die ein oder andere eurozentrische Wahrheit verschlingt. (Kölner Stadt-Anzeiger)
Kongo!- ein markerschütterndes Stoßgebet Richtung schwarzer Himmel und gleißend weißer Hölle (Kölner Wochenspiegel)
Ein Theater-Abenteuer im Dickicht von Neokolonialismus, exotischer Faszination und Deutscher Schuld (KulturKram)